Verkehrsberuhigung
Besucherbefragung zur Verkehrsberuhigung
Mit einer Besucherbefragung am Erlebnistag 2017 hat sich der Arbeitskreis Oststadt mit dem Masterplan der Stadt befasst und kommt zu einer kritischen Betrachtung.
Auswertung der Besucherbefragung
In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause zog der Sprecherkreis des AKO zum zurückliegenden „Erlebnistag Masterplan Oststadt“ eine positive Bilanz. Nicht nur, dass die Stadtverwaltung umfangreich informiert und Dialogbereitschaft gezeigt hatte, auch die Bewirtung durch die Aktiven des AKO und die Kaiserhalle war ein voller Erfolg. Darüber hinaus führte der AKO eine Befragung zu den geplanten Maßnahmen der Verkehrsberuhigung durch, an der 20 Personen mittels Fragebogen und Interview teilnahmen.
Oststädter wollen Mix aus Wohnen und Arbeiten beibehalten und ausgebaut wissen
Im ersten Teil ging es um den zukünftigen Blickwinkel der Stadtteilpolitik: Soll die Oststadt zum reinen Wohnviertel werden, ein kleinteiliges Mischgebiet oder ein innenstadtnahes Gewerbegebiet sein? Fast dreiviertel der Befragten sprachen sich für das Mischgebiet aus (77,5%), jeder Dritte würde dabei sogar die gezielte Unterstützung von Gewerbetreibenden („heimische Wirtschaft“) begrüßen. Dabei fielen Stichworte wie „ein guter Mix ist immer sinnvoll und belebt das Viertel“. Die Befragten zeigten dabei durchaus Problembewusstsein: „Einerseits wolle man ein Haus im Grünen haben, anderseits in einer Stadt leben, was eigentlich beides nicht gehe.“ Insgesamt würde man „kleinem Gewerbe den Vorzug“ geben. Besonders die Verlegung der KFZ-Zulassungsstelle hält man für geboten und die Ansiedlung des Polizeizentrums sieht man für die Oststadt ob ihrer Größe eher negativ.
Gewerbetreibende in der Oststadt sollen an ihrem Arbeitsplatz kostenfrei parken dürfen
Auch im fünften Jahr ihrer Einführung wird die Parkraumbewirtschaftung kritisiert. Zwar steigt die Bedeutung des ÖPNV auf 25,9% an, jedoch fordert fast die Hälfte aller Befragten (48,1%), dass Gewerbetreibende an ihrem Standort kostenfrei parken können sollten. Obschon man den ÖPNV weiter ausgebaut sehen will, ist man sich seiner ländlichen Randlage bewusst und hält „Autos weiterhin wichtig für die Erreichbarkeit“. Mitarbeiter aus Gewerbe und „Angestellte von öffentlichen Einrichtungen wie Kitas etc. sollten zudem gesonderte Parkmöglichkeiten bekommen“.
Verkehrsberuhigung und Kreuzungsgestaltung eher topp, Fahrradstraße und Parklets flopp
Abschließend wurde um eine Benotung (Schulnote 1 bis 6) der vorgestellten Vorschläge zur Verkehrsberuhigung gebeten. Vier Themen wurden dabei vorgelegt: Verkehrsberuhigung insgesamt, die Umgestaltung von Kreuzungspunkten, die Einrichtung einer Fahrradstraße in der Charlottenstraße und die Einrichtung von Parklets („Mini-Orte zum Spielen, Sitzen, Treffen, Erholen und für nachbarschaftliche Aktivitäten“ vgl. S. 15, Begleitheft Stadt Reutlingen).
Die Verkehrsberuhigung ist in der Oststadt erwünscht und wurde mit Note 2,7 am besten bewertet. In den Interviews wurde dazu aber vermerkt, dass das Viertel abhängig ist von externen Einflüssen, wie dem Scheibengipfeltunnel und seiner Entlastungsfunktion und der fehlenden Dietwegtrasse. Als Mischgebiet sei es für die Oststadt wichtig, „für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen gut erreichbar zu bleiben“.
Auch die Umgestaltung der Kreuzungspunkte wurde mehrheitlich positiv (zwischen Note 2 und 3) bewertet. Von zentraler Bedeutung ist hier die Frage, wie der Übergang für Fußgänger und Radfahrer aussehen wird. Hier blieben die Ausstellungstafeln der Stadtverwaltung leider vage. In den Interviews wurde eher für die Beibehaltung der Ampellösung votiert.
Eher negativ bewertet wurde das vorgestellte Konzept zur Fahrradstraße. Zwar liegt der Schnitt noch bei Note 3,6, jedoch waren hier bereits eine erkennbare Anzahl Fünfen und Sechsen vergeben worden. Dabei wird die Sicherung des Fahrradverkehrs als wichtig angesehen, was durch eine deutlichere „Beschriftung der Straßen und Verkehrswege“ gewünscht wird. Mehrere Befragte regten an, wie in Pfullingen „die alte Bahntrasse zum Radweg auszubauen“. Durch eine Umwidmung der Charlottenstraße zur Fahrradstraße wird befürchtet, dass eine „Verlagerung des Verkehrs auf andere Straßen“ stattfindet. Bei ausreichender Straßenbreite wurde auch ein durch „Grünstreifen separierter Fahrradweg“ vorgeschlagen.
Komplett durchgefallen sind die Parklets. Der durchschnittliche Wert lag gerade noch bei Schulnote 4, allerdings mit 5 Fünfern und 4 Sechsern. In den Interviews überwog das Kopfschütteln. In Großstädten, mit baumlosen Häuserschluchten könne man sich durch solche Aktionen noch einen gewissen Handlungsimpuls vorstellen, nicht aber in einer Stadt mit ländlichem Umfeld.
Statement zur Verkehrsberuhigung
Im Anschluss an den „Erlebnistag Masterplan Oststadt“ 2017 verfasste der Sprecherkreis des AKO folgendes Statement:
AKO dringt auf Ausgewogenheit bei der Verkehrsberuhigung
Nachdem die Stadtverwaltung im ausgehenden Sommer ihr Planungskonzept unter der Überschrift „Masterplan“ – unter Anwesenheit aller am Dialogprozess beteiligten Gruppen zum Bürgerdialog – vorgestellt hatte, veranstaltete der AKO einen Infoabend, bei dem das Konzept den interessierten Arbeitskreislern vorgestellt und mit einer Enthaltung einstimmig für gutgeheißen wurde.
Umso erstaunter war man beim AKO, dass kurz vor der Winterpause das Team um Stadtplaner Stefan Dvorak bei einem weiteren Begleitgruppentreffen mitteilen musste, dass sich die Umsetzung deutlich verzögern dürfte, da ein Verband aus dem zuvor gefundenen Konsens ausgeschert sei und mit Unterstützung der Grünen nun das bisherige Konzept und Vorgehen im Gemeinderat in Frage stellt sowie verschärfen will.
Keinen Verbots- und Verzichtsideologien Glauben schenken
Nach Ansicht des neu installierten Sprecherkreises des AKO, bestehend aus Manfred Stahl, Martin Dege, Wolfgang Kuhn und Matthias Stahl, ist es eine Mär zu glauben, man könne das Viertel einerseits attraktiv und lebensfähig erhalten und gleichzeitig mit Verboten und Verzichtsforderungen überziehen. Die Oststadt ist in weiten Teilen ein Mischgebiet und lebt vom einträglichen Miteinander zwischen Gewerbegebiet- und Wohnraum. Zusätzlich ist das Stadtviertel ein historisch gewachsener Teil des Stadtzentrums, geprägt vom urbanen Leben, zu dem selbstredend auch individueller Straßenverkehr gehört und kann nicht ohne ernsten Schaden zu nehmen zum reinen Wohngebiet umfunktioniert werden.
Der Arbeitskreis Oststadt sieht die Stadtverwaltung daher aktuell auf dem richtigen Weg. Sie hat in einem moderierten Bürgerdialog kreativen Ideen für eine sanfte und transparente Verkehrsberuhigung Raum gegeben und hat nach einer sachgerechten Projektierung akzeptiert, dass dies unter kritisch-konstruktiver Begleitung aller im Stadtteil aktiver Verbände nun schrittweise umgesetzt wird.
Pragmatischen Lösungen Raum geben und alle Betroffenen einbeziehen
Konkret empfiehlt der AKO daher dafür einzutreten, dass der PKW-Individualverkehr nicht grundsätzlich geächtet und aus Teilen der Oststadt verbannt wird, da Gewerbetreibende, ihre Kunden und Patienten noch lange Zeit darauf angewiesen sein werden, dass diese aus den umliegenden Regionen mit teilweise schwach-entwickeltem ÖPNV auch ihre Arbeitsstätten, Ärzte, Steuerberater- und Anwälte in der Oststadt sicher und zeitnah erreichen können, was auch für eine alternde Gesellschaft, wie auch für Familien wichtig ist.
Ferner baut der AKO auf die Zusage, dass alle einzelnen Maßnahmen, ob im Bereich Planie, Charlottenstraße, Burgstraße oder Aulbergstraße, etc. grundsätzlich unter Einbezug aller dort lebenden Anwohner im Rahmen von Vor-Ort-Begehungen von der Stadtverwaltung offen erörtert und schrittweise optimiert werden.
Dabei sind Tests zur sanften Verkehrsberuhigung unverzichtbar wichtig, damit rechtzeitig gegen Fehlentwicklungen eingeschritten werden kann. Ziel muss stets die Ausgewogenheit mit Blick auf das Wohlergehen aller Betroffenen und nicht die Durchsetzung von Einzelinteressen sein.
Im Weiteren muss es für die Zukunft die Aufgabe sein, dass sich die Oststadt nicht zu einem einseitig auf Wohnen, Kultur und Konsum ausgerichteten Quartier entwickelt, sondern ihr aktives, vielfältiges mithin Startup-freundliches Profil behält, das dieser Stadtteil seit seiner Gründerzeit hat.