Erlebnistag Masterplan Oststadt
Mit einer eigenen Besucherbefragung hat sich der Arbeitskreis Oststadt (AKO) am Erlebnistag, vom 24. Juni 2017, mit dem Masterplan der Stadt befasst und kommt dabei zu überraschend konkreten Ergebnissen.
In seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat der Sprecherkreis des AKO die zurückliegende Veranstaltung „Erlebnistag Masterplan Oststadt“ einhellig gelobt. Insbesondere der eigene Bewirtungsstand in Kooperation mit dem Kaiserwirt Wolfgang Kohla entwickelte sich zum Nachbarschaftstreffpunkt. Die vielen Kuchenspenden und der Kaffeeausschank taten ein Übriges.
Mit dem Konzept bewies die Stadtverwaltung Handlungskompetenz und Dialogbereitschaft, was nach Jahren des Stillstands den Oststädtern die Möglichkeit gab, die eigenen Anliegen wieder vermehrt im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung zu sehen. Darüber hinaus nutzte der AKO die Gelegenheit, eine Befragung zu den geplanten Maßnahmen der Verkehrsberuhigung mit Anwohnern und gewerblich Tätigen durchzuführen. An der Befragung (Fragebogen plus Interview) nahmen 20 Personen unterschiedlichen Alters teil, alle mit andauerndem Bezug (Wohnen oder Arbeiten) zur Oststadt.
Oststädter wollen Mix aus Wohnen und Arbeiten beibehalten und ausgebaut wissen
Im ersten Teil ging es um die Frage, welchen Blickwinkel zukünftige Stadtteilpolitik in der Oststadt einnehmen sollte: Die Oststadt nur als reines Wohnviertel sehen, als kleinteiliges Mischgebiet oder als innenstadtnahes Gewerbegebiet? Fast dreiviertel der Befragten sprachen sich dabei für das Mischgebiet aus (77,5%), jeder Dritte würde dabei sogar die gezielte Unterstützung von Gewerbetreibenden („heimische Wirtschaft“) begrüßen. Dabei fielen Stichworte wie „ein guter Mix ist immer sinnvoll und belebt das Viertel“, Aufgabe der Oststadt sei die „Nahversorgung“ und „die Aufenthaltsqualität könnte durch Cafés bereichert werden“. Die Befragten zeigten dabei durchaus Problembewusstsein, indem zwar die große Bedeutung der „Grünflächen für Arbeit und Erholung“ betonten wurde, aber auch der Widerspruch zur Sprache kam: „Einerseits wolle man ein Haus im Grünen haben, anderseits in einer Stadt leben, was eigentlich beides nicht gehe.“ Insgesamt würde man „kleinem Gewerbe den Vorzug“ geben. Besonders die Verlegung der KFZ-Zulassungsstelle hält man für geboten und die Ansiedlung des Polizeizentrums sieht man für die Oststadt ob ihrer Größe eher negativ.
Gewerbetreibende in der Oststadt sollen an ihrem Arbeitsplatz kostenfrei parken dürfen
Auch im fünften Jahr ihrer Einführung wird die Parkraumbewirtschaftung kritisiert. Zwar steigt die Bedeutung des ÖPNV auf 25,9% an, jedoch fordert fast die Hälfte aller Befragten (48,1%), dass Gewerbetreibende an ihrem Standort kostenfrei parken können sollten. Die Beispiele, wo Vorgärten eingeebnet und zu Parkplätzen degeneriert wurden, oder Gewerbetreibende das Viertel frustriert verlassen haben, sprechen eine deutliche Sprache. Auch hier waren die Befragten erfrischend pragmatisch. Obschon man den ÖPNV weiter ausgebaut sehen will, ist man sich seiner ländlichen Randlage bewusst und hält „Autos weiterhin wichtig für die Erreichbarkeit“. Mitarbeiter aus Gewerbe und „Angestellte von öffentlichen Einrichtungen wie Kitas etc. sollten zudem gesonderte Parkmöglichkeiten bekommen“. Auch „mehr Parkhäuser“ wurden vielfach gefordert. Einige ältere Mitbewohner beklagten darüber hinaus die hohen Parkkosten bei längeren Arztbesuchen. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle auch der Hinweis und die hohe Bereitschaft der Oststädter auch mal „offen zu sein für Neues“ und an alle Beteiligten mit einem Spritzer „Idealismus an die Sache heran zu gehen“.
Verkehrsberuhigung und Kreuzungsgestaltung eher topp, Fahrradstraße und Parklets flopp
Abschließend wurde um eine schlichte Benotung (Schulnote 1 bis 6) der vorgestellten Vorschläge zur Verkehrsberuhigung gebeten. Vier Themen wurden dabei zur Bewertung gestellt: Verkehrsberuhigung insgesamt, die Umgestaltung von Kreuzungspunkten, die Einrichtung einer Fahrradstraße in der Charlottenstraße und die Einrichtung von Parklets („Mini-Orte zum Spielen, Sitzen, Treffen, Erholen und für nachbarschaftliche Aktivitäten“ vgl. S. 15, Begleitheft Stadt Reutlingen).
Die Verkehrsberuhigung ist in der Oststadt erwünscht und wurde mit Note 2,7 am besten bewertet. In den Interviews wurde dazu aber vermerkt, dass das Viertel abhängig ist von externen Zusammenhängen. Auf der Habenseite zählt dazu „der Scheibengipfeltunnel, der vom Durchgangsverkehr entlasten“ könnte, auf der Sollseite steht die „fehlende Dietwegtrasse“, die eine Entlastung der Innenstadt erst wirksam werden lassen würde. Als Mischgebiet sei es dabei für die Oststadt wichtig, „für alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen gut erreichbar zu bleiben“.
Auch die Umgestaltung der Kreuzungspunkte wurde mehrheitlich positiv (zwischen Note 2 und 3) bewertet, wenn auch durch einige Skeptiker am Schluss nur ein glatter Dreier herauskam. Von zentraler Bedeutung ist hier die Frage, wie der Übergang für Fußgänger und Radfahrer aussehen könnte. Hier blieben die Ausstellungstafeln der Stadtverwaltung leider vage. In den Interviews des AKO wurde eher für die Beibehaltung der Ampellösung votiert.
Eher negativ bewertet wurde das vorgestellte Konzept zur Fahrradstraße. Zwar liegt der Schnitt noch bei Note 3,6, jedoch waren hier bereits eine erkennbare Anzahl Fünfen und Sechsen vergeben worden. Dabei wird die Sicherung des Fahrradverkehrs als wichtig angesehen, was durch eine deutlichere „Beschriftung der Straßen und Verkehrswege“ gewünscht wird. Mehrere Befragte regten an, wie in Pfullingen „die alte Bahntrasse zum Radweg auszubauen“. Durch eine Umwidmung der Charlottenstraße zur Fahrradstraße wird jedoch befürchtet, dass eine „problematische Verlagerung des Verkehrs auf andere Straßen der Oststadt“ stattfindet. Zuletzt wurde bei ausreichender Straßenbreite eventuell auch ein durch „Grünstreifen separierter Fahrradweg“ als Vorschlag eingebracht.
Komplett durchgefallen sind die Parklets. Der durchschnittliche Wert lag gerade noch bei Schulnote 4, allerdings mit 5 Fünfern und 4 Sechsern. In den Interviews überwog das Kopfschütteln. In Großstädten, mit baumlosen Häuserschluchten könne man sich durch solche Aktionen noch einen gewissen Handlungsimpuls vorstellen, nicht aber in einer Stadt mit ländlichem Umfeld.
>> Pressebericht zum Erlebnistag
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